Ich denke wie alle Erstgebärende habe ich mir vor der Geburt viele Gedanken gemacht, wie es sein wird, wenn die Wehen einsetzen. Ich habe immer daran gedacht, hoffentlich merke ich wenn es los geht und breche nicht in Panik aus. Man spielt automatisch verschiedene Zenarien im Kopf durch, das typische "Was wäre, wenn- Spielchen"......


Am Abend des 18. Juli, es war ein Freitag, hatte ich die ersten Wehen. Mir war auch sofort bewusst, dass es Wehen waren und doch war ich total ruhig und schaute immer auf die Uhr, um ein Gefühl für die Abstände zu bekommen. Es war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte, es löste überhaupt keine Panik in mir aus, vielleicht, weil ich nicht wahr haben wollte, dass der Zeitpunkt tatsächlich gekommen war.

 

Die Wehen waren total unregelmäßig, mal alle halbe Stunde, mal alles zwanzig Minuten, hielten aber die ganze Nacht an. Ich empfand sie auch nicht als überaus schmerzhaft, ich konnte sie immer gut "wegatmen". Morgens, so gegen sieben Uhr hatte ich die letzte Wehe, dann war erteinmal wieder Schluss. Ich hatte nicht geschlafen, aber ich dachte mir nichts weiter dabei, das mussten dann wohl so etwas wie Vorwehen gewesen sein.

Ich bin immer noch selber erstaunt, dass ich in dieser Situation so ruhig geblieben bin und mich nicht aus der Ruhe bringen lies.

 

Den Samstag über war alles ganz ruhig, ich hatte noch mit meiner Hebamme Karin telefoniert, die mir bestätigte, dass es Vorwehen gewesen waren.

Am späten Nachmittag, ging es dann wieder los. Die Wehen waren unregelmäßig und ich war wieder ziehmlich ruhig. Doch je später es wurde, um so kräftiger wurden die Wehen und die Abstände immer kleiner.

So ab 20 Uhr schrieb ich mir die Abstände auf ein Blatt Papier, um sie zu dokumentieren.

Sascha sagte ich zwar, dass ich Wehen hätte, aber ich glaube ich habe es etwas heruter gespielt, weil ich Angst hatte er würde sofort ins Krankenhaus fahren wollen.

Ich konnte den Gedanken, dass die Geburt beginnt nicht zu lassen, zu groß war die Angst vor dem was uns erwarten würde.

Ich glaube es war so gegen elf oder halb zwölf, als die Schmerzen immer schlimmer wurden und die Wehen alle fünf bis sechs Minuten kamen. Ich hatte immer im Hinterkopf: Bei der ersten Geburt geht alles noch nicht so schnell, also brauchte ich keine Panik bekommen.

Ich bat Sacha Karin anzurufen, die auch sehr schnell kam, als sie hörte, dass die Wehen in so geringen Abständen kamen.

Kuze Zeit später war sie bei uns und als sie nach dem Muttermund fühlte, war dieser schon 2-3 cm geöffnet. Sascha rief geistesgegewärtig im Krankenhaus an, um Bescheid zu geben, dass wir jetzt kommen würden.

Alles war wie im Film, ich konnte einfach nicht glauben, dass es tatsächlich so weit war, wie gerne hätte ich es gehabt, dass die Wehen aufgehört und Finn und ich noch Zeit zusammen gehabt hätten.......

Als wir in Herdecke ankamen, wartete schon ein Pfleger mit einem Rollstuhl auf uns, weil er wohl schon von weitem gesehen hatte, dass mir das Laufen sehr schwer fiel.

Und doch wollte ich den Weg in den Kreissaal selber gehen.  

Als wir imKreissal ankamen, sagte ich immer wieder, dass ich es nicht glauben könne, dass wir tatsächlich hier seien.

Die Hebamme fühlte nach dem Muttermund, der zu diesem Zeitpunkt schon 5 cm geöffnet war.

Die Wehen waren sehr stark, das Atmen fiel mir schwer, doch Sascha stand mir sehr gut bei und versuchte mich immer wieder an die richtige Atemtechnik zu erinnen und massierte mich wenn ich es wollte.

Die Hebammen rieten mir, mir eine PDA geben zu lassen, weil sie merkten, dass die Schmerzen immer stärker wurden. Doch ich wollte es ohne versuchen, zu groß war da noch die Angst vor der Nadel.

Ich wurde zwar an den Wehenschreiber angeschlossen, doch im Vorfeld hatten wir uns gegen ein CTG entschieden, weil ich zu große Angst hatte, dass ich im Falle eines Herzstillstandes, nicht mehr in der Lage sein könnte, Finn auf die Welt zu bringen. Wir konnte ja nicht ahnen, wie gut im Nachinein diese Entscheidung gewesen ist........

In den Stunden der Wehen bekam ich plötzlich Fieber, welches immer weiter stieg, mir wurde ein Zugang gelegt und Antibiotikum und Flüssigkeit verabreicht.

Es muss so gegen fünf oder sechs Uhr morgens gewesen sein, als ich die Schmerzen nicht mehr aushielt. Als mir eine Habamme erneut eine PDA anbot, nahm ich es diesmal an, weil ich selber gemerkt habe, dass ich keine Kraft mehr hatte. Ich hatte keine Ruhepausen und musste ja noch Kraft haben, für die weitere Geburt.

Eine Ärztin legte mir die PDA und im Gegensatz zu den Schmerzen der Wehen tat es fast gar nicht weh. Als es wirkte konnte ich mich das erste Mal etwas ausruhen und Sascha auch.

So vergingen die Stunden, die Wehen waren immer noch kräftig und der Muttermund öffnete sich weiter, daher gingen auch die Ärzte und Hebammen davon aus, dass einer Spontangeburt nichts im Wege stehen würde. Immer wieder wurden mir neue Schmerzmittel verabreicht.

Gegen Mittag fand ein weiterer Wechsel bei den Hebammen statt und Hebamme Angela betreute uns in den folgenden Stunden.

Als der Muttermund auf 8 cm geöffnet war und die Ärtze fühlen konnten, dass Finns Po in den Geburtskanal gerutscht ist, fing ich mit Hilfe von Sascha und Angela das erste Mal an zu pressen.

Wie oft hatte ich das schon im TV gesehen und jetzt war ich selber in dieser Situation!!!

Obwohl es für uns die erste Geburt war, wussten Sascha und ich genau was wir zu tun hatten.

Ich versuchte immer und immer wieder zu pressen und das in den unterschiedlichsten Stellungen. Doch Finn schaffte es einfach nicht, tiefer zu rutschen.

Gegen 14 oder 15 Uhr sprachen die Ärzte das erste Mal ernsthaft über einen Kaiserschnitt mit uns. Das Fieber war immer noch sehr hoch und sie befürchteten, dass Finn einfach zu groß sei um auf dem normalen Wege auf die Welt zu kommen.

Meine Angst vor einem Kaiserschnitt war viel zu groß und so beschlossen die Ärzte mir einen Wehentropf zu geben und danach sollte ich noch einmal vesuchen zu pressen.

Sie sagten aber auch, wenn bis um 17 Uhr nichts geschehn sollte, dann würde es auf einen Kaiserschnitt hinauslaufen, weil die Gefahr für mich sonst sehr groß wäre.

Ich konnte es gar nicht glauben. es hatte doch alles so gut angefangen, warum schaffe ich es nicht, ihn auf dem normalen Wege auf die Welt zu bringen?!?!

Sascha hielt einen Kaiserschnitt auch für sinnvoll, er konnte es nach den ganzen Stunden einfach nicht mehr ertragen, mich mit den Schmerzen zu sehen. Er kam sich so hilflos vor und dann kam seine Angst um mich noch hinzu....

Der Wehentropf tat dann seinen Rest, die Schmerzen waren unerträglich und es gab keine Wehenpause mehr, es ging in einem durch.

Sie konnte auch nichts mehr durch die PDA verabeichen, weil ich ja eventuell noch Mittel für den Kaiserschnitt bekommen musste.

Ich konnte nur noch weinen vor Schmerzen, aber größer war glaube ich dieses Gefühl versagt zu haben.

Die Ärzte entschieden für einen Kaiserschnitt und auch Sascha war dafür.

Es war wie im Film.....

Als sie mich für die OP fertig machten, brach Panik in mir aus.

Zum Glück waren Sascha und Angela bei mir.

Im OP wäre ich am Liebsten mit Finn davon gelaufen. Ich hatte immer nur einen Gedanken im Kopf: Du kannst nichts machen, gleich trennen sie uns, für immer....

Als ertses bekam ich Schmerzmittel, dann die Betäubung. Ich war total benebelt und hatte die Zeit während der OP, das Gefühl alles von oben mit anzusehen und gar nicht mehr in meinem Körper zu sein. Sascha sagte mir später, dass ich richtig geschrien hätte und dass sie mir dann noch drei Mal was nachgespritzt hätten.

Ich weiß nicht ob es Schmerzen gewesen sind oder eher der Gedanke, dass gleich die geminsame Zeit von Finn und mir vorbei sein wird...

An die ersten Momente kann ich mich nur schleierhaft erinnern. Um 17 Uhr 8 war es so weit. Sascha und ich waren uns sicher, dass wir einen Schrei gehört hatten....Als ich Sascha anschaute und Finn sah, wusste ich, dass es kein Schrei gewesen sein konnte, Finn war schon in meinem Bauch zu den Sternen gezogen, er war friedlich eingeschlafen.....

Es war das totale Gefühlschaos. Ich wusste, dass mein Baby nicht mehr lebt und doch war ich, waren wir in diesem Moment so stolz auf unseren Prinzen....Ich hörte Sascha sagen:"Er hat deine Nase....:" Ich konnte es einfach nicht glauben, dass mein Baby, das gerade noch in meinem Bauch war, jetzt auf meiner Brust lag.

 

 

Das war einer unserer ersten gemeinsamen Momente.....

 

 

Erst im Aufwachraum fing ich an zu realisieren. Angela hatte Finn etwas sauber gemacht und er war in der blauen Decke eingewickelt, die ihm seine Tante Jessica geschenkt hatte.

Ich konnte Finn das erste Mal bewusst anschauen, sehen wie perfekt er aussah, seine kleinen Hände mit den kleinen Fingerchen, sein kleinen perfektes Gesicht, er sah aus als schliefe er....

 

 

            

                                 Als würde er jeden Moment aus seinem Schlaf erwachen, so friedlich und so perfekt....

 

Ich konnte nicht glauben, dass ich ihn in meinen Armen hielt, er war doch grade noch meinem Bauch gewesen.....So sehr wünschte ich, er würde  die Augen öffnen und anfangen zu weinen, sein Bauch würde sich heben und er würde atmen.....Doch er tat es nicht, er lag nur ganz friedlich in meinem Arm.....

Als Sascha ihn auf dem Arm hatte, sah ich wie stolz er war und es bringt mich heute noch zum Weinen dieses Bild zu sehen, ich hätte ihn so gerne beschützt, hätte so gerne alles ungeschehen gemacht.

Es war so schön ihn zu berühren, seine Haut war so weich und gleichzeitig tat es so unendlich weh....

Er ist so ein hübsches Baby, keinerlei Anzeichen oder Merkmale dieser verdammten Krankheit, er hatte nicht mal Abdrücke am Hinterkopf, wie es für Babys typisch ist, die in Beckenendlage liegen, wie mir später meine Hebamme erzählte.

 

Wir kamen dann erstmal wieder zurück in den Kreissaal. Angela wog Finn: 3550g und 55 cm. Nie im Leben hätte jemand damit gerechnet, dass unser kleiner Kämpfer sich so gut entwickelt. Dann zog sie ihm seinen kleinen Jogginganzug an, den wir für ihn gekauft hatten. Er passte perfekt. Ich konnte leider nicht helfen, ich lag in dem Bett und konnte mich kaum bewegen. Finn bekam auch sein Namensarmbändchen, auf dem auch das Herz aufgefädelt wurde, welches ich für ihn gekauft hatte.

In der Zwischenzeit waren meine Eltern gekommen und obwohl auch sie sich voher immer gefragt hatten, ob sie es schaffen würden Finn zu sehen, war das keine Frage mehr.....Der Stolz über unser kleines Wunder war so groß....

 

    

Finn sieht so hübsch aus, 3550g und 55 cm

 

Finn durfte bis zum nächsten Tag bei uns bleiben. Wir bekammen ein Familienzimmer in dem auch Sascha schlafen konnte. Sascha fiel am Fenster direkt das Schwalbennest auf. Vor unserem Fenster flogen die Schwalben unbeschwert ihre Kreise. Es war ein tröstender Gedanke, als ich mir vorstellte, Finn ist jetzt auch eine Schwalbe, so frei und unbeschwert.

Die ganze Nacht über habe ich mir so sehr gewünscht, dass Finn sich bemerkbar macht, dass er weint, weil er Hunger hat oder die Windel voll ist....Ich glaube ich konnte es immer noch nicht wirklich realisieren.

Am nächsten Tag kamen auch Saschas Eltern, auch sie schauten sich unseren Kleinen an.

 

Als wir uns von ihm verabschieden mussten, war es für uns beide sehr schlimm. Es tat so weh ihn gehen zu lassen, dass der Zeitpunkt des Abschiedes gekommen war.

Die verbleibenden fünf Tage im Krankenhaus waren schlimm, ich war so leer und ohne Kraft irgendetwas zu tun. Er fehlt mir so sehr, jeder Tag ohne ihn kommt mir so sinnlos vor. Ich trage so viel Liebe für ihn in meinem Herzen und hoffe so sehr, dass er etwas davon spührt, dort wo er jetzt ist, dass er weiß, wie sehr er vermisst wird und wie sehr wir ihn lieben.....

 

 

 

 

 

 

 

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